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- Informationen über Klassische Chinesische Arzneitherapie
Wie entwickelte sich die Chinesische Arzneitherapie?
Der Mensch setzt die Produkte der Natur von Anfang an für die Linderung und Heilung seiner Leiden ein. Sogar bei Menschenaffen konnte beobachtet werden, wie bestimmte Pflanzen bei verschiedenen Beschwerden eingesetzt werden. Auch bei dem 5300 Jahre alten Mann vom Hauslabjoch (besser bekannt als „Ötzi“) wurden Pflanzenteile gefunden, deren medizinische Anwendung diskutiert wird. Nicht zuletzt in der heutigen Schulmedizin sind viele Medikamente direkte Abkömmlinge pflanzlicher Substanzen (z.B. Aspirin® und Weidenrinde, Morphium und Schlafmohn, Penicillin und Schimmelpilz Penicillium notatum). Es scheint so, daß die jahrtausendelange Anpassung des Menschen an seine natürliche Umwelt eine einzigartige Kombination aus Wirksamkeit und Verträglichkeit einzelner natürlicher Stoffe hervorbringen konnte.
In ihrer Entwicklung aus den steinzeitlichen Vorläufertherapien wurde auch in der Chinesischen Medizin der Einsatz von Pflanzen, Tieren und Mineralien eine zentrale Therapieform. Diese vorgeschichtliche Entwicklung spiegelt sich noch heute in den überlieferten Mythen um Shennong, dem göttlichen Ackermann, wieder. Dieser brachte -so die Mythologie- den Chinesen nicht nur Ackerbau und Viehzucht bei, sondern probierte am eigenen Leib verschiedene Kräuter aus und verfaßte die erste Zusammenstellung von Heilkräutern (shennong bencao). Sollte es Shennong je als Einzelperson gegeben haben, so sind seine Aufzeichnungen nicht mehr erhalten, aber eine Vielzahl systematischer Therapiebücher sind erhalten. Die ältesten sind mehr als 2000 Jahre alt. Damit sind sie die ältesten einer bestimmten Therapierichtung gewidmeten Schriftwerke, die noch erhalten sind. Viele der in ihnen beschriebenen Kräuter werden noch heute so eingesetzt.
Was macht die Klassische Chinesische Arzneitherapie so besonders?
Neben
der einzigartig lang zurückreichenden und kontinuierlichen
Wissensanhäufung und -überprüfung der Chinesischen
Arzneitherapie ist vor allem die unglaubliche Anzahl der benutzten
Heilmittel und ihre Kombination in Rezepten das Besondere der
Chinesischen Arzneitherapie.
In den über 2000 Jahren ihrer
Entwicklung wechselten sich stabile Phasen der Wissensanhäufung
und scholastischen Wissenspflege (z.B. während der
Ming-Dynastie) mit Phasen des Umbruchs und der Überprüfung
von überliefertem Wissen ab (z.B. Beginn und Ende der
Fremdherrschaften der Yuan- oder Qing-Dynastien). Begleitet wurde
jedoch selbst der Umbruch immer von konservatorischen Bestrebungen
der kaiserlichen Bibliotheken, so daß ein einzigartiges
Medizinsystem bis in die jetzige Zeit fortbestehen blieb.
Während
die westliche Pflanzenheilkunde in ihrer jetzigen Form nurmehr knapp
100 Heilpflanzen einsetzt, so werden in den unterschiedlichen
regionalen Schulen der Chinesischen Arzneitherapie schätzungsweise
20.000-25.000 Heilmittel eingesetzt. In dem offiziellen Chinesischen
Arzneibuch sind knapp 1000 von ihnen offizinell, das heißt
allgemein angewandt und zugelassen. Ca. 250 der Kräuter werden
als sogenannte „chinatown drugs“ bezeichnet, weil sie im 19. und
am Beginn des 20. Jahrhunderts selbst in den weit von der Heimat
entfernten chinesischen Enklaven in San Francisco, Vancouver und
London erhältlich waren, da sie so wichtig waren und niemand auf
sie verzichten wollte. Diese „chinatown drugs“ bilden auch heute
noch den Kern der außerhalb Chinas praktizierten Chinesischen
Arzneitherapie. Aufgrund der allgemeinen Globalisierung und der
Öffnung Chinas nach dem Tode Maos sind jedoch eine Vielzahl
speziellerer Kräuter auch im Ausland jederzeit erhältlich
oder in kurzer Zeit lieferbar. Die Vielfalt der eingesetzten
Arzneimittel führt dazu, daß eine ungleich höhere
Anzahl an Erkrankungen als in der westlichen Phytotherapie behandelt
werden kann.
Die Vielzahl der chinesischen Arzneimittel wird noch
einmal durch die geschickte Kombination der einzelnen Heilmittel
gesteigert. Während in der Schulmedizin und auch in den letzten
Jahrzehnten in der westlichen Phytotherapie der einzelne Wirkstoff
oder das einzelne Heilkraut als das Ideal der Pharmakologie gekürt
wurde, so verfolgt der Arzt in der Chinesischen Arzneitherapie genau
den gegenteiligen Ansatz: Durch die Kombination möglichst vieler
Heilmittel, die eine bestimmte Hauptwirkung auf unterschiedliche Art
und Weise erreichen, wird deren Einzeldosis möglichst gering
gehalten und damit die Ausprägung an unerwünschten
Nebenwirkungen ebenso. Damit entsteht eine hoch effektive, stark
wirksame und gleichzeitig gut verträgliche Gesamtarznei.
Was wird in der Klassischen Chinesischen Arzneitherapie eingesetzt?
Häufig wird die Klassische Chinesische Arzneitherapie verkürzt als „chinesische Phytotherapie“ oder „chinesische Kräutermedizin“ bezeichnet. Dies ist jedoch nicht korrekt, da auch Mineralien und tierische Bestandteile benutzt werden können, auch wenn der Anteil und die Bedeutung der Heilpflanzen überwiegt.
Wie wird in der Klassischen Chinesischen Arzneitherapie therapiert?
Klassischerweise
werden die chinesischen Arzneimittel nach der Ernte speziell
zubereitet (meist getrocknet, manchmal geröstet). In der
Apotheke werden sie dann zerkleinert (zermörsert bzw.
geschnitten) und nach Rezept individuell zusammengestellt. Die
wichtigste Zubereitungsform sind Tees (im Chinesischen 汤
tang=Brühe). Als
Patient erhält man ein Paket mit kleinen Beuteln, die die
Arzneizusammenstellung für einen bis zwei Tage enthalten. Die
Anzahl der Beutel entspricht meist einer Therapiedauer von ein bis
zwei Wochen. Bei einem Zwei-Tages-Beutel kocht man in der Regel die
Zutaten in einem Liter Wasser für eine halbe Stunde auf kleiner
Flamme und gießt den gewonnenen Sud (ca. ein halber bis
dreiviertel Liter) in ein verschließbares (Glas- oder
Porzellan-)Gefäß. Die einmal abgekochten Zutaten werden
nun erneut mit frischem Wasser bedeckt und erneut für eine halbe
Stunde ausgekocht. Der Sud aus der Zweitabkochung wird nun mit der
Erstabkochung vermischt. Die gewonnenen 1-1,5 Liter Tee verteilen
sich dann auf 6 Einzeldosen (2 Tage mit 3x täglicher Einnahme).
Vor jeder Einnahme sollte der Tee schonend sanft erwärmt werden
(z.B. durch die Zugabe von 1/3 kochendem Wasser oder durch kurzes
Erwärmen in der Mikrowelle).
Nach einer bis zwei Wochen
überprüft der behandelnde Arzt den Effekt der Therapie und
wird in der Regel die Rezeptur abändern, sollten noch
Beschwerden bestehen.
Einige klassische Rezepturen sind in ihrer
Standardform auch als Pillen erhältlich. Sie ermöglichen
jedoch keine auf den Patienten abgestimmte individuelle Therapie. Die
individuelle Anfertigung von Pillen ist in Europa kaum verbreitet. Es
werden die Teezubereitungen bevorzugt.
Nicht zur Klassischen
Chinesischen Therapie gehörend ist der Einsatz von Granulaten.
Niemand kann bzw. will heute sagen, wieviel Wirkstoff in diesen
Granulaten vorhanden ist und demzufolge ist unklar, wie zu dosieren
ist. Eine transparente Qualitätskontrolle ist zur Zeit nicht
möglich.
Wird die Chinesische Arzneitherapie auf Kosten der Natur betrieben?
Jeder
wird von reichen Hongkonger Industriemagnaten gelesen haben, die der
nachlassenden Potenz mit Tigerknochen und der Chinesischen
Arzneitherapie auf die Sprünge helfen lassen. Oder von Tausenden
Seepferdchen, die mit ähnlicher Wirkung auf chinesischen Märkten
angepriesen werden. Rottet die Chinesische Arzneitherapie ganze Arten
aus?
Tatsache ist, daß auch tierische Arzneimittel in der
Klassischen Chinesischen Arzneitherapie eingesetzt werden. Je
erfolgreicher die Klassische Chinesische Arzneitherapie, desto größer
ist der Bedarf an bestimmten Arten. Das führt in einer sich
entwickelnden Welt mit mehr als 5 Milliarden Menschen zu erheblichen
ökologischen Problemen. Es wäre ein leichtes zu sagen, daß
die Chinesische Arzneitherapie einen viel kleineren Anteil an der
Ausrottung von Arten und an der Umweltzerstörung hat, als die
synthetische Pharmaindustrie und z.B. die Industrie und
Landwirtschaft der G8-Staaten, zu denen auch Deutschland gehört.
Denn letztlich sterben weit mehr Seepferdchen samt der sie umgebenden
Korallenriffe ab, da die Algenpest aufgrund der Phosphate und
Sedimente der australischen Zuckerindustrie das Great-Barrier-Reef
überwuchern und die allgemeine Erwärmung der
Meeresoberflächen deren empfindliches Ökosystem stört.
Oder die verbleibenden sibirischen Tiger viel mehr durch die
unersättliche Holz- und Papierindustrie ihren angestammten
Lebensraum und ihre Lebensgrundlage durch die Abholzung der
nördlichen Wälder verlieren als durch die Bejagung durch
Wilderer für die Chinesische Medizin. IKEA läßt
Regale auch in Rußland produzieren. Dort hergestellte Zellulose
wird zu unserem Toilettenpapier, während unser Altpapier
exportiert werden muß, da Deutschland nicht genügend
Recyclingpapier verbraucht.
Letztlich ist es bei diesem Thema
jedoch nicht hilfreich, auf andere zu zeigen und zu sagen „Ihr seid
viel mehr schuld als wir!“. Deswegen gibt es seit vielen Jahren
eine freiwillige Selbstbeschränkung deutscher Therapeuten der
chinesischen Arzneitherapie, Heilmittel nicht einzusetzen, wenn sie
aus Arten gewonnen werden, die auf der CITES-Liste stehen. Unabhängig
davon isst deren Import in die EU gesetzlich verboten. Desweiteren
unterstützen z.B. die in der DWGTCM e.V. organisierten Ärzte
seit 1999 eine Initiative zur Rettung sibirischer Tiger. Zusätzlich
gibt es Bemühungen, bestimmte bedrohte Heilpflanzen-Arten in
Bayern und im Münsterland zu kultivieren. Ebenso gibt es
Projekte in Pazifik-Anreinerstaaten, eine nachhaltige Befischung oder
eine Zucht von Seepferdchen zu betreiben.
Ohne Zweifel gibt es
noch viel zu tun, um eine Bedrohung einzelner Arten durch die
chinesische Arzneitherapie komplett auszuschließen. Doch viel
ist bereits unternommen. Eine Therapie mit klassischen chinesischen
Arzneitees durch gut ausgebildete Ärzte in Deutschland findet
nicht auf Kosten der Natur statt.
Was kostet die Klassische Chinesische Arzneitherapie?
Bei der Klassischen Chinesischen Arzneitherapie wird neben umfangreicher Erhebung der Krankengeschichte und Untersuchung ein schriftlicher Diätplan entwickelt. Die Bezahlung richtet sich dabei nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Im Einzelfall können sogenannte „Analogziffern“ eingesetzt werden, deren Bezahlung mit der Krankenkasse abgeklärt werden sollte.
Wer bezahlt die Therapiekosten der Klassischen Chinesischen Arzneitherapie?
Aufgrund der auf dem Rücken von Patienten und Ärzten ausgetragenen Liberalisierung im Gesundheitswesen läßt sich diese Frage nur im Einzelfall individuell beantworten. Seitdem die Akupunktur nur noch bei zwei Erkrankungen und nur bei entsprechend zugelassenen Therapeuten bei gesetzlich Versicherten bezahlt werden darf und somit als Werbemaßnahme zwischen einzelnen Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) wegfällt, übernehmen erste einzelne GKVen anteilig die Behandlungskosten, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Umgekehrt haben früher fast alle privaten Krankenversicherungen diese Kosten komplett übernommen, während das jetzt höchst unterschiedlich gemäß den Versicherungsbedingungen geregelt wird. Unterschiede treten dabei auch bei der Art der Kosten auf. Diese bestehen aus den Verordnungskosten (z.B. Rezeptgebühr) und den Arzneimittelkosten (Rechnung der Apotheke). Es lohnt sich in jedem Fall, die Kostenübernahme im Vorfeld mit der jeweiligen Krankenkasse zu klären.
Wie finde ich einen Arzt für Chinesische Arzneitherapie?
Am einfachsten geht es im Internet: http://www.dwgtcm.com/therapeutenliste/therapeutenliste.html
Ein Service von Dr. med. Ingolf Hosbach, Bochum